Rezension: Mobbing
Gut gemeint und schlecht gemacht. Nicht nur eine Liedzeile, sondern leider auch das Fazit über ein Spiel aus dem Hause Heidelberger. In Mobbing verkörpert ihr einen Angestellten in einer Firma. Wer spielt, um sich von der Arbeit abzulenken, sollte hier nicht zugreifen. Und andere vielleicht auch nicht.
Eckdaten
- Spieleranzahl: 3 – 6
- Alter: 12+
- Spieldauer: 30-45 Minuten
- Preis: ca. 15 €
Spielmaterial
Das Spielmaterial besteht lediglich aus 150 Karten, wobei diese sich in Lobby- und Mobbing-Karten aufteilen. Dazu kommen noch fünf Aufsichtsrat- und eine Chefkarte. Typisch Mogelpackung könnte mindestens der doppelte Kartensatz in die Verpackung passen, aber mittlerweile ist man ja fast nichts anderes mehr gewohnt 🙂
Die Karten sind komplett quadratisch. Was erst wie ein Novum klingt, stellt sich beim Spielen als extrem lästig heraus. Sie sind schwierig zu halten und auf einen Blick seine Kartenhand einzusehen, ist eher nicht möglich.
Lieblich gemacht ist jedoch die Anleitung, die mit lauter Anmerkungen der Autoren bespickt ist, sowie die Form der Verpackung: Ein Aktenordner.
Spielziel
Das oberste Ziel ist es, vom Aufsichtsrat seiner Firma zum Chef gewählt zu werden. Voraussetzung dazu ist, dass ihr die meisten Stimmen erschleicht, aber auch, dass ihr keinen negativen Ruf in der Firma habt.
Spielablauf
Im Endeffekt durchläuft man während des Spielens zwei Phasen. In der ersten Phase legen die Spieler reihum bis zu zwei Karten. Dies kann entweder eine Lobby-Karte sein, die verdeckt unter einen Aufsichtsrat gelegt wird oder eine Mobbing-Karte. Erstere sind Punktekarten oder Aktionskarten. Wer die meisten Punkte unterhalb eines Mitglieds des Aufsichtsrates liegen haben sollte, gewinnt dessen Stimme. Sobald eine neue Karte unter ein Mitglied gelegt wird, wird die Karte davor aufgedeckt. Letztere sind entweder Komplimente oder böse Gerüchte, die einem Spieler (auch sich selbst) verbal an den Kopf und dann physisch vor diesem ausgelegt werden. Gerüchte geben dem Spieler einen schlechten Ruf, Komplimente einen guten, was sich in Form von positiven oder negativen Zahlen ausdrückt.
Das lustige Herumwerfen von Vorurteilen, das als witzige Hommage an den Berufsalltag gedacht sein sollte, stellt sich beim Spielen als alles andere als witzig heraus. Ein Blick auf das nebenstehende Bild verrät, dass die Spieleerfinder gerne etwas mehr Zeit bei der Ausarbeitung der Karten hätten aufwenden dürfen. Bei den Testrunden wurde kaum gelacht, eher geschmunzelt. So zerfällt das lustig gemeinte Thema in eine Art Strategiespiel, bei dem es aber auch nicht wirklich punkten kann. Zu sehr hängt das Spielgeschehen vom Kartenglück ab. Jemand der eine hohe Karte legt, macht im Grunde bis zu drei Züge eines Spielers mit schlechten Karten auf einmal. Das kann frustrieren und wird durch keinen Balance-Mechanismus ausgeglichen. Auch sog. „Du irrst dich“-Karten, die einen Mobbing-Angriff abwehren, tun dem keinen Abgleich.
Die erste Phase endet entweder, wenn unter jedem Aufsichtsratsmitglied sechs Lobby-Karten liegen, die letzte Mobbing-Karte gezogen wurde oder wenn der Chef gestorben ist. Wer dann noch einen positiven Ruf besitzt, sprich dessen Summe der Mobbing-Karten größer Null ist, nimmt an der Wahl zum neuen Chef teil. Wie oben beschrieben, ist einem die Stimme eines Mitglieds gewiss, falls man die meisten Punkte darunter liegen hat. Wer schließlich die meisten Stimmen erhalten hat, wird neuer Chef (juhu!)
In nebenstehendem Bild würden im Moment alle außer lila eine Stimme eines Mitglieds bekommen. Insgesamt könnten aber noch zwölf Karten angelegt werden, sodass sich das Blatt noch wenden kann.
Damit stellt sich als taktisches Mittel heraus, Mitspieler, die einem eine Stimme eines Aufsichtsratsmitglied streitig machen, zu mobben, um sie so von der Wahl auszuschließen. Leider spielt bei all der Taktik und möglichen mündlichen Absprachen, meist das Kartenglück nicht mit. Ständig ist man in dem Spannungsfeld, seinen eigenen Ruf zu verbessern, den der anderen zu senken oder eine Lobby-Karte zu legen, ohne auch wirklich das Gefühl zu haben, das Spiel wirklich beeinflussen zu können.
Aufgepeppt wird das Spiel lediglich ein wenig durch kleinere Varianten, die jedoch nichts wirklich an den Mängeln ändern.
Bewertung
(Erläuterung zur Skala: hier)
Kategorie | Kritik | Note |
Spielspaß (doppelt gewertet) |
Die erste Runde ist ganz nett, wenn man die Karten noch nicht kennt und die Runde heiter ist. Danach ist es ein Taktikspiel mit zuviel Glückseinfluss. | 3 |
Langzeitmotivation (doppelt gewertet) |
Mobbing motiviert meist nicht einmal für eine zweite Runde, geschweige denn eine dritte oder vierte. | 1 |
Atmosphäre (doppelt gewertet) |
Folgende Möglichkeiten bestehen: Entweder ist das Spiel atmosphärisch schlecht gemacht, was negativ ist, oder es ist gut gemacht, was einen dann leider zu sehr an Arbeit erinnert. In jedem Falle ein Griff ins Klo. | 2 |
Innovationscharakter (einfach gewertet) |
Mitspieler zu mobben und sie dadurch von der Endwertung ausschließen ist durchaus neu. Auch das Thema „Arbeit“ tritt eher selten auf. Insgesamt also gewagt, aber nicht gewonnen. | 4 |
Komplexität (einfach gewertet) |
Mobbing ist leider kein bisschen komplex. Die Regeln sind einfach und der beste Zug ist je nach Kartenhand sofort klar. Jemanden kategorisch auszubooten oder bei den Lobby-Karten zu bluffen ist nur schwerlichst möglich. | 2 |
Aufbereitung (doppelt gewertet) |
Zu große Verpackung und zu schlechtes Kartenformat. Leidige Zeichnungen. Als positiv ist einzig die innovative Spieleverpackung und die Anleitung zu werten. | 2 |
Gesamtnote | Ein Spiel, das cool klingt, aber lieber noch einmal überarbeitet werden sollte. Am besten auf der Arbeit mit Kollegen spielen und danach die Kündigung einreichen! Insgesamt leider keine Kaufempfehlung 🙁 | 2 |