Rezension: Tichu

Nein, dieses Spiel hat rein gar nichts mit den wortverwandten Tissue-Tüchern zu tun. Die werden höchstens gebraucht, wenn man mal wieder den Gegner haushoch schlägt.Nun aber eins nach dem anderen. Tichu ist ein Kartenspiel aus dem Hause Abacus und sehr chinesisch angehaucht. In meiner Jugendzeit war es eines der beliebtesten Spiele im Freundeskreis.

Eckdaten

  • Spieleranzahl: 4
  • Alter: 10+
  • Spieldauer: 60 Minuten
  • Preis:

Spielmaterial

Wie viele Spiele von Abacus besteht Tichu nur aus Karten. In dem Fall bildet ein französisches Blatt mit 52 Karten die Grundmenge, wobei die Illustration anstatt westeuropäisch fernöstlich bestimmt ist. Darüber hinaus gibt es noch vier Sonderkarten: Der Drache (höchste Einzelkarte), der Phönix (Joker), der Hund (um seinen Partner rauskommen zu lassen) und der Mah-Jongg (die Startspielerkarte). Abgerundet wird das Material von einer Wertungstafel, die Neulingen schnell hilft zu verstehen, welche Kartenkombination höher ist als eine andere.

Metallbox von Tichu | Bildquelle: Abacusspiele

Metallbox

Tichu ist aus dem Jahr 1991 und hat bereits viel Erfolg eingefahren. So ist verständlich, dass es mittlerweile mehrere Editionen gibt. Liebhaber können sich beispielsweise die schöne Jubiläumsausgabe mit kanadischen Illustrationen oder die Mitbringvariante in einer Metallbox zulegen.

Spielziel

Bei Tichu spielen zwei Teams aus je zwei Spielern gegeneinander. Es gibt zwar noch eine Variante für drei oder fünf und mehr Spieler, diese wurde aber nur in früheren Versionen erklärt und ist mittlerweile nicht mehr Teil der Spieleanleitungen.
Das Team, das als erstes 1000 Punkte erlangt, gewinnt. Diese Punkte werden Runde für Runde in einem Stichspiel gesammelt. Wer hier an Doppelkopf denkt, liegt gar nicht mal so verkehrt. Tichu vereinigt darüber hinaus aber noch Elemente aus Poker, Arschloch und Bridge.

Verpackung, Wertungstafel und Karten aus Tichu | Bildquelle Abacusspiele

Verpackung, Wertungstafel und Karten

Spielablauf

Eine Runde beginnt damit, dass jedem Spieler 14 Karten ausgeteilt werden und dann jedem Mitspieler eine Karte aus der eigenen Hand gegeben wird. Alteingesessene kennen das unter dem Begriff „Schupfen“. Dem Partner sollte man eher gute und den Gegnern eher schlechte Karten geben, wobei das selbst manche Profis nicht so verstehen 😉 Danach legt der Spieler, der den Mah-Jongg hat eine Kartenkombination seiner Wahl in die Mitte. Nacheinander können die übrigen Spieler diese Kombination überbieten oder passen. Wichtig: Wer einmal passt, kann hinterher jederzeit wieder einsteigen. Damit unterscheidet sich Tichu von vielen anderen Stichspielen. Dies geht so lange weiter, bis niemand mehr über eine gelegte Kombination drüber gehen möchte. Der Spieler, der die höchste Kombination gelegt hat, bekommt den Stich und legt eine neue Kombination.

Die goldene Regel ist, dass eine Kartenkombination nur mit einer höheren Kombination der gleichen Sorte geschlagen werden kann. Ein Zwilling kann also nicht von einem Drilling geschlagen werden. Weitere mögliche Kartenkombinationen sind beispielsweise eine Straße oder ein Full House. Die höchste Kombination stellen zunächst die Vierer-Bomben und dann die Straßen-Bomben dar. Bei ersterem handelt es sich um Quartette und bei letzteren um Royal Flushs. Bomben brechen das Prinzip der Kartenkombinationen. So kann eine Bombe auch auf einen Drilling oder sogar den Drachen gelegt werden.

Nach jeder Runde werden die erzielten Stiche gezählt, wobei Könige und Zehner 10 und Fünfer 5 zählen. Der Drache bringt 25 Pluspunkte und der Phönix 25 Minuspunkte. Weiterhin gibt der Verlierer der Runde seine Stiche dem Gewinner der Runde. Die gemachten Punkte werden notiert und die nächste Runde wird gestartet. Seinen besonderen Spielreiz macht Tichu aber aufgrund der Ansagen Tichu und großes Tichu und aufgrund des Doppelsiegs aus. Wer sich sicher ist, die Runde zu gewinnen, darf, bevor er die erste Karte ausgespielt hat, ein Tichu ansagen. Im Erfolgsfall gewinnt dessen Team 100 zusätzliche Punkte. Mutigere Spieler können ein Tichu bereits ansagen, nachdem sie am Rundenanfang ihre achte ausgeteilte Karte angeschaut haben. Das nennt sich großes Tichu und gibt 200 Extrapunkte. Weiterhin bekommt ein Team, dass in einer Runde sowohl den ersten als auch den zweiten Platz belegt pauschal 200 Punkte ohne, dass Stiche gezählt werden. So ist also ein Doppelsieg und ein großes Tichu ganze 400 Punkte wert, also 40 % des Spiels.

Jubiläumsausgabe von TIchu mit kanadischen Zeichnungen | Bildquelle: Abacusspiele

Jubiläumsausgabe

Bewertung

Nun zur Abschlussbewertung. Hier nochmal ein Hinweis auf unsere Skala.

Kategorie Kritik Note
Spielspaß
(doppelt gewertet)
Mit den richtigen Leuten ist Tichu eine der besten Abendbeschäftigungen. Aber auch ein zügiges Online-Spiel hat seine Reize. 10
Langzeitmotivation
(doppelt gewertet)
Gerade nach einer verlorenen Runde ist schnell der Ehrgeiz da, noch einmal zu spielen. Aber auch die Tatsache, dass ähnlich zu Bridge, ein Team immer eingespielter werde kann, fesselt lange an den Spieltisch. 10
Atmosphäre
(doppelt gewertet)
Ĺeider erinnert außer den Bildern nichts so wirklich an China. Vor allem die Kartenkombinationen lassen meinen, dass man gerade eher an einem amerikanischen Pokertisch sitzt. Naja, aber vielleicht ist wenigstens der in China Town. 4
Innovationscharakter
(einfach gewertet)
Tichu beleiht sich vieler Spieler und fußt auch auf einem alten Kartenspielprinzip. Dennoch überzeugt es gerade durch die geschickte Kombination der verschiedenen Elemente. Und manche Zungen behaupten ja, dass das gerade Kreativität ist. Wenn man dann noch die Jahre bedenkt, die Tichu auf dem Buckel hatte, war es für seine Zeit absolut innovativ. 10
Komplexität
(einfach gewertet)
Bei 14 Karten kann der Kopf manchmal ganz schön rauchen. Nach jedem Stich eröffnen sich eigentlich andere Möglichkeiten, sodass die Kartenhand permanent umgebaut werden muss. 10
Aufbereitung
(doppelt gewertet)
Die Grundversion ist sehr schlicht. Wer aber zur Jubiläums- oder Mitbringversion greift, hat sicherlich ein Schmuckstück in der Hand. 8
Gesamtnote Tichu überzeugt in vollem Maße mit seiner leichten Zugangsart, seinem Dauerspielreiz und der Komplexität. Kein Wunder, dass es sich so lange auf dem Markt hält und es darin diverse Meisterschaften gibt. Ein absoluter Muss-Kauf! Die 8,4 Punkte werden berechtigter Weise auf 9 aufgerundet. 9

P.S.: Wem Tichu gefällt, der sollte sich unbedingt mal anschauen 😉

Booster-Version von Tichu: Zusatzkarten | Bildquelle: AbacusspieleP.P.S.: Es gibt sogar eine Erweiterung von Tichu: !

P.P.S.: Ich erinnere mich gerne an die eine Runde in der wird per Hausregel ein Giga-Tichu ansagen durften, nachdem wir uns die erste ausgeteilte Karten angeschaut hatten. Dieses Tichu gab 400 Punkte und brachte uns aufgrund eines Doppelsiegs insgesamt 600 Punkte ein. Legendär war, dass meine Partnerin und ich dann sogar nach zwei Runden das Spiel komplett gewannen 😉
Was habt ihr denn so für Hausregeln?