Rezension: Star Wars – Das Kartenspiel
Passend zum momentanen Star-Wars-Hype muss nun eine Star-Wars-Rezension her. Das Kartenspiel gibt es zwar schon fast drei Jahre länger als den siebten Teil des Films, dennoch war es mir bisweilen unbekannt. Erst durch die Wundertüten-Aktion letzten Jahres der Spiele-Offensive hat es den Weg in meine Hände gefunden.
Eckdaten
- Spieleranzahl: 2
- Alter: 10+
- Spieldauer: 30 – 40 Minuten
- Preis:
Spielmaterial
Fast schon typisch für die Heidelbären kommt auch „Star Wars – Das Kartenspiel“ in einer viel zu großen Verpackung daher. Doch halt! Diesmal ist es schlau gemacht. Es handelt sich nämlich um ein Living Card Game (kurz: LCG) und die Verpackung soll ja noch Platz für etliche Zusatzkarten bieten. Damit steht es im Gegensatz zu einem Trading Card Game (kurz: TCG), wie z.B. Magic – The Gathering, da man nicht erst seltene und gute Karten ertauschen oder Glück beim Öffnen von sog. Boosterpackungen haben muss, sondern eigentlich jede Erweiterung komplett und vergleichsweise günstig zu erhalten ist. Somit verfügen alle Turnierspieler in der Regel über den gleichen Kartenpool.
Insgesamt sind in der Grundversion 240 Karten, bestehend aus sechs untereinander mischbaren Fraktionen (Rebellen, Jedi und Schmuggler für die gute und Imperiale, Kriminelle und Sith für die böse Seite) vorhanden. Des Weiteren sind etliche Marker und ein Rundenzähler enthalten. Alles um direkt loszulegen.
Spielziel
Wie sollte es im Star-Wars-Universum auch anders sein, kämpft die böse Seite der Macht gegen die gute bzw. anders herum. Jeder Spieler verkörpert einer der Seiten und tritt mit einem eigens kreierten oder einem vorgefertigten Deck gegen seinen Gegner an. Charmant ist hier das asymmetrische Spielziel. Während die gute Seite drei Einsatzziele zerstören muss, ist die Aufgabe der bösen lediglich zwölf, je nach Spielverlauf sogar weniger Runden auszuhalten. Typisch für ein Kartenspiel der Sorte gewinnt auch ein Spieler, falls sein Gegenüber keine Karten mehr zum Nachziehen hat.
Wie ihr jetzt schon vielleicht merkt, scheint das Spielziel des bösen Spielers einfacher zu sein. Und das ist es in der Tat auch ein wenig, obgleich gewisse Comeback-Mechanismen für böse Überraschungen (haha, Wortwitz) führen können. Vielleicht verlagern Karten aus den Erweiterungen auch diese Tendenz irgendwann.
Spielablauf
Gleich vorneweg muss ich sagen, dass die Regeln alles andere als intuitiv sind. Als geübter Kartenspieler (Magic, Hearthstone, PokéMoN, etc.) habe ich erst in der dritten Testrunde komplett richtig nach den Regeln gespielt. Vorher wurde dann doch immer etwas vergessen oder falsch gespielt.
Nachdem entschieden wurde, wer welche Seite übernimmt und welches Deck spielt, führen die beiden Spieler ihren Spielzug nacheinander anhand der Phasen ihrer Fraktionskarte aus. Hierbei beginnt der dunkle Spieler. Am Anfang seines Zuges dreht er den Rundenzähler eins weiter, je nach dem wie das Gleichgewicht der Macht ausgerichtet ist, sogar um zwei. Das Gleichgewicht der Macht lässt sich beeinflussen, in dem in der sechsten Zugphase Einheiten der Macht verschrieben werden. Jeder Spieler kann bis zu drei Einheiten der Macht verpflichten, sollte dies aber keine Eliteeinheit, wie z.B. Luke oder Darth Vader sein, verlangsamt das die Einheit in dem Sinne, dass sie für jede Aktion, die sie durchführt, zwei Runden aussetzen muss. Es ist also gut abzuwägen, wen man in die Dienste der Macht stellt.
Grundstock jeden Einsatzdecks bilden die Einsatzziele, welche Ressourcen zum Einsetzen von Karten liefern. Gelegentlich verfügen diese noch über spezielle Fähigkeiten und sind das primäre Ziel des Gegners, d.h. er wird versuchen die Lebenspunkte des Einsatzziels auf Null zu reduzieren. Interessant ist hier auf jeden Fall das Ressourcenmanagement. Zwar ist es erlaubt, beispielsweise drei Ressourcen auszugeben, wenn das Einsatzziel so viel produzieren kann, aber pro Runde stellt sich immer nur eine Ressource pro Einsatzziel wieder her. Das bedeutet, dass man sein Budget bestmöglichst auf die Einsatzziele oder weitere ressourcenproduzierende Karten verteilt, je nach Spielsituation ist dies jedoch nicht immer möglich, sodass man eigentlich stetig knapp bei Kasse ist.
Mit Ressourcen jedenfalls lassen sich Einheiten, Verstärkungen oder Ereignisse kaufen. Während Verstärkungen permanent ausliegen, haben Ereignisse einen Einmaleffekt. Einheiten hingegen bilden die Front des Einsatzdecks. Mit ihnen greift man gegnerische Einsatzziele an oder verteidigt eigene. Schön ist, dass Einheiten im Gegensatz zu den meisten Kartenspielen bei Star Wars keine Einsatzverzögerung haben, sie können also im selben Zug angreifen, in dem sie ausgespielt wurden.
Kommen wir nun zum Kampfsystem. Es ist zwar durchaus innovativ, aber keineswegs einfach und nur schwer berechenbar. Am Anfang eines Angriffes bestimmt der aktive Spieler welches Einsatzziel er angreift und mit welchen Einheiten. Der verteidigende Spieler kann nun Verteidiger deklarieren, die sich den Angreifern in den Weg stellen. Danach wird um den Kampfvorteil gerungen, d.h. es wird bestimmt welcher Spieler zuerst entscheiden darf, welche Einheit Schaden austeilt. Dazu legen beide Spieler abwechselnd verdeckt eine Karte auf den Tisch, bis beide keine Karten mehr spielen möchten. Wer nun mehr Machtpunkte (auf der Abbildung von Yoda die Punkte auf der linken Seite) aufdeckt, gewinnt den Kampfvorteil. Ihr ahnt schon, dass hier ein großer Tradeoff besteht. Gute Karten haben meist viele Machtpunkte. Will man sie also dann lieber ausspielen oder für das Ringen um den Kampfvorteil aufbewahren? Zum Glück bringt es aber keinen allzu großen Nachteil hier viele Karten abzuwerfen, da man am Anfang seines Zuges immer auf sechs, ggf. mehr, nachzieht.
Der Spieler der den Kampfvorteil inne hat, bestimmt nun welche Einheit zuerst Schaden austeilt. Das kann den Vorteil haben, dass direkt am Anfang alle gegnerischen Einheiten zerstört werden, bevor sie überhaupt an der Reihe waren. Danach entscheidet sich der andere Spieler für eine Einheit usw. Insgesamt gibt es drei Schadensvarianten in zwei Variationen. Entweder kann eine Einheit einem Einsatzziel, einer am Kampf beteiligten Einheit oder irgend einer Einheit des Gegners Schaden zufügen. Sollte das Schadenssymbol schwarz sein, darf die Einheit diesen Schaden immer austeilen, falls das Symbol weiß unterlegt ist, nur wenn der beherrschende Spieler den Kampfvorteil errungen hat.
Spätestens jetzt kommen die Marker ins Spiel. Davon gibt es drei Stück. Die Marker mit Zahlen markieren die erlittenen Schadenspunkte einer Einheit oder eines Einsatzziels. Die runden roten Marker sog. Fokusmarker werden auf angreifende oder verteidigende Einheiten oder auf ressourcenproduzierende Einsatzziele gelegt und deuten an, dass die Einheiten bis zur nächsten Auffrischensphase nicht mehr aktiv werden, also beispielsweise nicht mehr verteidigen können. Zu guter Letzt gibt es noch Schildmarker. Ein Schild bleibt für einen Spielzug aktiv und verhindert einen Schadenspunkt, der dem Ziel zugefügt werden würde.
Selbstverständlich gibt es noch zahlreiche Sonderregeln, aber hiermit sollte zumindest das Grundgerüst klar sein. Und bei der Länge des Textes ist dann auch irgendwie verständlich, warum das Spiel in der Tat komplex ist 😉
Bewertung
(Erläuterung zur Skala: hier)
Kategorie | Kritik | Note |
Spielspaß (doppelt gewertet) |
Das Star-Wars-Genre macht eindeutig was her. Darth Vader auszuspielen macht immer Spaß! Wenn man in dem Spiel schon viel Erfahrung hat und die Abläufe flüssig laufen, ist der Spielspaß sicherlich groß. So hingegen kann es ab und an frustrieren. | 5 |
Langzeitmotivation (doppelt gewertet) |
Fans kommen durch die fortlaufende Produktion der Zusatzkarten auf jeden Fall auf ihre Kosten. Dennoch ist Deckbaumechanismus nicht so flüssig wie bei vergleichbaren Spielen und tendenziell gibt es wenig Communities, wo man ehrgeizige Spielpartner finden würde. | 5 |
Atmosphäre (doppelt gewertet) |
Spielt man das Kartenspiel auf einem schwarzen Untergrund mit Star-Wars-Musik im Hintergrund, fühlt man sich mit genug Fantasie in das Universum hineinversetzt. Ab und an erscheinen Karten aber zu schwach im Vergleich zu ihrem Pendant aus den Filmen. Und hat nicht übrigens die gute Seite stets gewonnen? 😉 | 8 |
Innovationscharakter (einfach gewertet) |
Das Kartenspiel reiht sich in eine lange Reihe von LCG ein, wie z.B. Android: Netrunner, Blue Moon, etc. Selbstverständlich sind gewisse Mechanismen ein Novum, obgleich sie aber niemanden vom Hocker reißen. | 3 |
Komplexität (einfach gewertet) |
Der Grat zwischen komplex und kompliziert ist sehr schmal. Star Wars – Das Kartenspiel ist meiner Meinung nach sehr komplex, aber an manchen Stellen, wie beispielsweise der Umgang mit Fokusmarkern oder wann ein Spieler im gegnerischen Zug agieren darf, zu kompliziert. | 5 |
Aufbereitung (doppelt gewertet) |
Am Material ist nichts auszusetzen. Die Karten zeigen die Originalcharaktere. Wer sich aber noch an die alten Magic-Karten erinnert, weiß, wie sich robuste Karten anfühlen sollten und so fühlen sich die Star-Wars-Karten leider nicht an. | 5 |
Gesamtnote | Insgesamt ein solides Spiel, dass trotz seines holprigen Spielablaufs sicherlich viele Fans finden wird, aber eher nichts für Gelegenheits- oder Quer-Beet-Spieler, wo man es nur alle paar Monate auspacken würde. Solche wären mit Blue Moon besser beraten, welches übrigens schon komplett abgeschlossen ist. | 5 |
Schön ausführlich und coole Fotos 😉