Rezension: Supremacy

Früher, ganz ganz früher… vor Siedler – was wurde da eigentlich gespielt, wenn man nicht Monopoly, Risiko oder schlimmer spielen wollte..?
Die guten, amerikanischen Wargames natürlich! Ein Vertreter dieser Klasse ist Supremacy von 1984.

Eckdaten

  • Spieleranzahl: 2-6 (mehr ist besser)
  • Alter: ab 12
  • Spieldauer: 180 Minuten (eher mehr)
  • Preis: out-of-print, gebraucht ab 30 €,
    Supremacy Spielbrett

    Supremacy Spielbrett

Spielmaterial

Wenn man den Karton öffnet, fällt einem so einiges entgegen: Ein klassisches, großes Spielbrett mit einer Weltkarte, einem Ressourenbereich und eine Rundenübersicht. Und daneben alles, was man für einen zünftigen Atomkrieg so braucht, denn darauf läuft es irgendwie immer bei diesem Spiel hinaus:
Geld, eine Ressourcenübersicht über Spieler, Spielkarten und, natürlich, Würfel und Plastikcounter für die Armeen, Schiffe, Marker und kleine, niedliche Atompilze…
Das Spielbrett ist durch seine doppelte Faltung etwas anfällig, die Counter sind unverwüstlich, die Spielkarten sehen aus nach vielen Jahren aus wie ein durchgezocktes Skatblatt.

Spielziel

Siegpunkte? Braucht man nicht… Koop? Was ist das?
Damals ging´s noch rustikal zu: Sei der Letzte, der noch sein Heimatland besitzt – oder zumindest einen Teil davon. Jeder Spieler führt dabei eine Supermacht: USA, China, UdSSR, Südamerika, Afrika oder Europa.
Oder – es gibt einen nuklearen Winter, wenn zu viele kleine Pilze geworfen worden und alle verlieren. Es gibt auch eine Wertung für einen vorzeitigen Abbruch, was bei einer langen Spieldauer oder dem Ausscheiden eines Spielers durchaus positiv ist.

Spielablauf

Der grundsätzliche Spielablauf ist ähnlich wie bei anderen Vertretern dieses Genre: Sold bezahlen, Mineralien, Korn und Öl produzieren und dazu optional drei aus: Ressourcenverkauf, aktives Angreifen, aktives Bewegen, Ressourcenkauf, Aufrüsten und schließlich Forschen nach neuen Ressourcenquellen oder neuem Spielzeug für die Generäle.
Ich möchte einen groben Überblick geben über die wichtigen Besonderheiten dieses Spiels, die Grundregeln umfassen immerhin 22 Seiten.

Supremacy Spielsituation

Supremacy Spielsituation

Zu Anfang hat jeder eine prall gefüllte Staatskasse, ein paar Armeen und Ressourcen und eine Hand voll passabler Fabriken für deren Nachschub. Entsprechend wird auch zunächst produziert, was geht, und aufgerüstet.
Für eine höhere Produktion muss geforscht werden: Alle nicht verteilten Fabrikkarten (die Spielkarten) bilden einen Stapel. Das Ziel, Mineralien, Korn oder Öl, wird benannt und pro gezogener Karte muss bezahlt werden. Dies geschieht solange bis das Geld alle ist, eine passende Fabrik gezogen wird, die man auch behalten möchte, oder bis man ein Laborunfall passiert. Im letzteren Fall ist alles Geld verbrannt und dieser Zweig darf diese Runde nicht mehr erforscht werden. Ähnlich funktioniert auch die Forschung nach strategischen Waffensystemen, Nukes und L-Stars – SDI halt, wir im Jahr 1984.
Der Forschungsstapel besteht aus zu Anfang 66 Karten, wobei neben den Fabriken drei Nuke-, zwei L-Star und eine Laborunfallkarte enthalten sind.
Bei der Waffenforschung sollten die notwendigen Ressourcen für den Prototypenbau noch vorhanden sein – ansonsten gibt es ein breites Grinsen bei den Mitspielern. Ohne Uran halt kein BOOM.

Nachdem also in den ersten Runden die Staatskasse ausgeplündert wird, um Armeen, die Produktion und, mit etwas Glück, das strategische Arsenal aufzustocken, kommt dann der eigentliche Kern des Spiels: Erobern! Und Vernichten!
Der eigentliche Kampf unterscheidet sich in strategische oder konventionelle Angriffe.
Atomwaffen sind dabei sehr einfach: Platziere die Atompilze im Zielland, evtl. L-Stars dürfen darauf schießen, falls erfolglos, Land und alles dort drin kaputt und es ist für den Rest des Spiels unpassierbar, falls es kein Meeresgebiet ist.

Spielmaterial von Supremacy

Spielmaterial

Der eigentliche, konventionelle Kampf besteht aus Aufmarschieren und Angreifen – alles kostet Ressourcen, meist Öl und Korn. Ein (Würfel-)Kampf besteht aus einer Angriffswelle, es wird also nicht unbedingt gewürfelt, bis eine Seite sich zurückzieht oder ausgelöscht wird.
Es werden zunächst die Würfel addiert: ein Grundwürfel und jeweils einen mehr für Überzahl, mehr L-Stars und, auf Verteidigerseite, das Bezahlen eines Satzes Ressourcen, also jeweils ein Öl, Korn und Mineralien. Die erwürfelten Augen werden aufsummiert und durch drei geteilt, immer abgerundet – dies sind die Verluste beim Gegner. Falls die Übermacht sehr groß sein sollte, doppelte oder dreifache, wird durch 2 bzw. 1 geteilt.
Nach jeder Angriffswelle darf der Verteidiger einen Gegenschlag ausführen, konventionell heißt das, einen Angriff starten inc. der Bewegung zum Feind, oder eine beliebige Zahl von Nukes starten.
Das Ziel des Gegenangriffes muss dabei übrigens nicht der eigentliche Angreifer sein! Wunderschöne Ketteneffekte können dabei die Folge sein, da der nun Angegriffene wiederum einen Gegenangriff hat.
Je nach Ressourcenlage kann der aktive Spieler dann noch weitere Angriffe starten oder passen.
Die Rohstoffe selber können auch noch am Weltmarkt gehandelt werden, welches bei entsprechender Manipulation sehr rentabel sein kann. Kaufen bedeutet simpel, dass der Preis für den Nächsten steigt, Verkaufen lässt die Preise purzeln.
Im Basisspiel scheint dies auch die einzige Einkommensquelle zu sein, wie ich erstaunt festgestellt habe beim Recherchieren. In den Ausbauenspielen gibt es klassisch Geld für eroberte und Heimatländer.

Zu diesem Spiel gibt es dazu noch sehr viele Erweiterungen: Neutrale Mächte, Neutronenbomben und Killersatelliten, Biowaffen, Mehrspielererweiterung und noch vieles mehr. Nach einer Kickstarterkampagne kam 2015 eine Neuauflage heraus, die viele der damaligen Erweiterungen mit integriert hat.

Bewertung

Nun zur Abschlussbewertung. Hier nochmal ein Hinweis auf unsere Skala.

Kategorie Kritik Note
Spielspaß
(doppelt gewertet)
Supremacy ist eindeutig ein „Superrisiko“ – wer gerne Armeen schiebt, paktiert und eine gewisse Frusttoleranz gegenüber Pech oder gegnerischen Bündnissen hat, kann sehr viele, schöne Runde spielen. 6
Langzeitmotivation
(doppelt gewertet)
Das Spiel bietet recht viele strategische Möglichkeiten und dazu hat unsere Gruppe damals auch gerne an den Regeln „herumgeschraubt“.
Aber Supremacy ist kein Spiel, dass „kurz zwischendurch gezockt wird“. Entsprechend ist „Langzeit“ wirklich so zu verstehen: nicht viele Partien, aber über einen langen Zeitraum.
6
Atmosphäre
(doppelt gewertet)
Armeen aufbauen und losschicken, Bündnisse schmieden und schließlich den Gegner mit kleinen Atompilzen eindecken – alles sehr gradlinig umgesetzt lässt die Spieler sich schon als kleiner Weltherrscher in spe fühlen. 7
Innovationscharakter
(einfach gewertet)
Die Grundidee der „Welteroberung“ als Spiel ist alt. Die Verknüpfung mit einem wirtschaftlichen Faktor und teils sehr guten Mechanismen werten hingegen das Spiel auf. 4
Komplexität
(einfach gewertet)
Der Umfang des Regelwerks in solchen Spielen ist meist sehr hoch, Supremacy macht da keine Ausnahme. Die Grundprinzipien sind recht und schnell erklärt, problematisch sind die vielen Sonderfälle, wenn was möglich bzw. unmöglich ist. 6
Aufbereitung
(doppelt gewertet)
Der Spielplan ist sehr übersichtlich gestaltet, Illustrationen sucht man vergebens. Dies ist jedoch in meinen Augen kein Manko, sondern unterstreicht den Charakter eines Kriegsspiels, dass in der nahen Zukunft spielt. 5
Gesamtnote Es ist ein Super-Risiko, welches alles besser macht als der Namensgeber der Klasse – nicht mehr, aber auch nicht weniger, dafür aber bedeutend mehr Spielzeit fordert.

Lohnt sich ein Kauf – ohne Nostalgie? Ein eindeutiges Jaein. Es gibt heute besser ausbalancierte Spiele im Bereich der Wargames, meist aber komplexer – wobei die Regeln hier auch sehr detailliert sind. Das Design ist sehr zeitlos, mit entsprechenden Hausregeln funktioniert das Spiel auch sehr gut. Das große Problems des frühen Ausscheidens hingegen bleibt – bei einem mehrstündigen Spiel ein großes Manko.

Supremacy ist somit sicher kein „Muss“, auch nicht für Wargamer – aber es ist ein sehr schönes Spiel, welches man bei entsprechender Gelegenheit, wie einem Spiele-Flohmarkt gut kaufen kann – wenn man grundsätzlich Wargames mag.

6

Anmerkung des Autors:
Da dies eines der ersten Spiele war jenseits von Monopoly und Memory, die ich gespielt hatte, habe ich versucht, möglichst NICHT durch die nostalgische Brille zu sehen.